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AVIVA-BERLIN.de im Mai 2024 - Beitrag vom 19.12.2004


Licht meiner Augen
Anne Winkel

Eine Geschichte von Entfremdung, stiller Angst und der Suche nach der eigenen Wirklichkeit. Der bedrückende Film über das Leben in "weit entfernten Galaxien" startet am 23.12.04 in den Kinos.




Alles in Giuseppe Piccionis Film ist ein wenig merkwürdig. Für die alleinerziehende Maria (Sandra Ceccarelli) sind die Menschen an sich schon merkwürdig. Für ihre Tochter Lisa (Barbara Valente) ist ein Urania-Buch merkwürdig, weil dort "keine Wirklichkeit drin" ist. Und für die Zuschauerin ist Antonio (Luigi Lo Casio) merkwürdig, weil er im Urania-Romanuniversum zu leben scheint und zwanghaft Kontakt zu Lisa und Maria sucht.

Antonio liebt die Welt des Science-Fiction. Sitzt er in seinem Dienstwagen, vermutet er sich auf einer geheimen Mission. Seine Überlebensstrategie: Er - der Erdbewohner - versucht das Verhalten der ihn umgebenden Außerirdischen zu kopieren, um schließlich als Sieger aus dem "großen Kampf" hervorzugehen. In Antonios Auto liegt stets ein abgegriffener Science-Fiction-Roman auf dem Rücksitz. Kommt er nach Hause, schiebt der gewissenhafte Chauffeur als erstes eine überweltliche VHS in den Videorekorder.

Antonios Verhalten und sein Aussehen lassen auf einen ruhigen, durchschnittlichen Italiener schließen. Antonio lebt das nicht außergewöhnliche Leben, das er sich immer gewünscht hat. Statt einer höheren beruflichen Karriere nachzustreben, fährt er Geschäftsmänner und eine alte Dame durch die italienische Hauptstadt. Statt sich an Gesprächen unter den Kollegen zu beteiligen, beobachtet er das Geschehen auf der Straße: Der vermeintliche Erdenretter mit Pseudonym "Morgan" ist ein eher passiver Zuschauer des Lebens, das ihn täglich umgibt. Seine passive Haltung ändert sich jedoch, als er die 10jährige Lisa fast überfährt und Lisas (finanziell) problembeladene Mutter kennen lernt. Antonio nimmt nun das Angebot seines Chefs Mario (Toni Bertorelli) an und sagt auch mal "Nein" - nur, dass dieses "Nein" für Antonio letztlich ein "Ja" zu TK-Waren-Verkauf, Schutzgelderpressung und merkwürdigem Familienleben bedeutet...

Das Szenario des Films "Licht meiner Augen" ist eingetaucht in kühles winterliches Licht. Alles schimmert in bläulichem Ton: Das dunkle Haar der Hauptfiguren, ihre blass-müden Gesichter, ihre Kleidung. Selbst die orangefarbenen Stadtbusse, die hin und wieder in den seltsam verlassenen Straßen Roms zu sehen sind, strahlen keine Wärme aus.
Die Helligkeit von Sonnenschein (interpretierbar als Zeichen für einen optimistischen Lebensentwurf) wird sparsam verwendet. Auch musikalisch setzt der Film mit einer leisen, melancholischen Melodie auf einen kühlen Unterton.

"Alle - von welchem Planeten sie auch immer kamen - sie alle hatten eine Richtung. Alle wollten irgendwann ankommen".
Ob Antonio am Ende angekommen ist? Man wird sich die Antwort selbst suchen müssen.

AVIVA-Tipp: In "Licht meiner Augen" werden ZuschauerInnen nicht in eine bunte Kinowelt hineingezogen. Vielmehr bleiben sie, was sie sind: BeobachterInnen einer merkwürdigen und doch alltäglichen (Leinwand)wirklichkeit.

Giuseppe Piccioni über seine Art des Filmemachens:
"... Das wichtigste für mich ist, ein realistischer Blick auf Menschen und ihr Leben, eine ernste und persönliche Sicht vom Leben: Es ist immer die Realität selbst in all den vielen Facetten, in denen sie Auftritt" (Interview, Rivista del Cinematografo no. 9, September 2001).

Licht meiner Augen
Luce die miei occhi
Italien 2001, Länge 114 Minuten
Regie: Giuseppe Piccioni
DarstellerInnen: Luigi Lo Casio, Sandra Ceccarelli, Silvio Orlando, Barbara Valente
Kinostart: 23. Dezember 2004
FSK: ab 12 Jahre



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Beitrag vom 19.12.2004

AVIVA-Redaktion